Journal – Edelman Trust Barometer 2023: Polarisierungstendenzen in Deutschland

Düstere Zukunftsaussichten: Arbeitsplatzverlust (80 %) und hohe Inflation (69 %) sind derzeit die größten persönlichen Sorgen in Deutschland. Die größten Sorgen der Gesellschaft beziehen sich auf den Klimawandel (73 %), die Gefahr eines Atomkriegs (68 %), Mangel an Nahrungsmitteln und Energie (62 und 61 %). (Quelle: Edelman Vertrauensbarometer 2023)

Das Edelman Trust Barometer 2023 zeigt die bevorstehende Polarisierung in der Gesellschaft und wie sie Vertrauen testet. In der 23. Ausgabe des Berichts wurden mehr als 32.000 Menschen in 28 Märkten zu ihrem Vertrauen in Regierungen, Medien, Unternehmen und NGOs befragt. Mit Blick auf das vergangene Jahr hatten die Institutionen in Deutschland kaum oder gar keine Chance, das Vertrauen der breiten Öffentlichkeit zu gewinnen. Lediglich die Wirtschaft bewegt sich vom Bereich des Misstrauens in den neutralen Bereich (50 % äußern sich zuversichtlich; + 2 %-Punkte gegenüber 2022). Es folgen Staat (47 %; unverändert gegenüber 2022), Medien (47 %; unverändert gegenüber 2022) und NGOs (41 %; +1 %-Punkt gegenüber 2022). Als ethisch und kompetent gilt nach wie vor nur die Geschäftstätigkeit.

Neben dem fehlenden Vertrauen in soziale Einrichtungen in Deutschland sind die Aussichten für die nächsten fünf Jahre negativer denn je: Nur 15 Prozent glauben, dass es ihnen und ihren Familien in fünf Jahren besser geht. Niedrige Werte nicht nur in Deutschland: In keinem befragten Industrieland sind mehr als 36 Prozent der Menschen davon überzeugt, dass es ihren Familien in fünf Jahren besser geht.

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Mögliche Faktoren für die düsteren Zukunftsaussichten sind hohe persönliche wirtschaftliche Sorgen sowie soziale, existenzielle Sorgen. Hierzulande befürchten 80 Prozent der Arbeitnehmer den Verlust ihres Arbeitsplatzes und 69 Prozent der Gesamtbevölkerung Angst vor Inflation. Ein Blick auf die gesellschaftlichen Belange zeigt deutlich das Bild aktueller geopolitischer Herausforderungen:

73 Prozent fürchten den Klimawandel, 68 Prozent einen Atomkrieg, 62 und 61 Prozent Lebensmittel- und Energieknappheit.

Misstrauen und Pessimismus sind Nährböden für Polarisierung

Wie sich Angst und Misstrauen auf die Grundstimmung der Deutschen auswirken, zeigt die Frage, inwieweit die Befragten ihr Land gespalten sehen und ob diese überwunden werden können. Das Ergebnis ist beunruhigend. Deutschland steht an einem Scheideweg mit Ländern wie Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden und Italien. Es ist sehr schwierig, aber nicht unmöglich, Unterschiede zu überwinden. Aber es besteht die Gefahr, dass die Gesellschaft so gespalten wird, dass sie die Kluft nicht mehr überbrücken kann. Dies ist beispielsweise in Ländern wie Argentinien, Kolumbien, den Vereinigten Staaten von Amerika, Südafrika, aber auch Spanien und Schweden der Fall, wo sich die sozialen Fronten bereits deutlich verhärtet haben.

„Weltweit sind die Haupttreiber der Polarisierung ein Mangel an Vertrauen in die jeweilige Regierung, ein Mangel an gemeinsamer Identität und systemische Ungerechtigkeit. Hinzu kommen der erwähnte Wirtschaftspessimismus, soziale Bedenken und Misstrauen gegenüber den Medien. Fazit: Die Intensität der Polarisierung wirkt sich auf das Vertrauen aus. Länder, deren Bevölkerung ihr Land als polarisiert wahrnimmt, haben weniger Vertrauen in Institutionen, was wiederum die Polarisierung verstärkt – ein Teufelskreis“, sagt Christiane Schulz, CEO von Edelman Deutschland.

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Sozialstruktur unter Druck

Die Folgen der sozialen Spaltung wirken sich auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland aus. Mehr als zwei Drittel der Menschen hierzulande (70 %) geben an, dass der Mangel an gegenseitigem Respekt nie größer war. 62 Prozent glauben, dass die soziale Struktur zu schwach ist, um als Grundlage für Einheit und gemeinsame Ziele zu dienen.

Auf der zwischenmenschlichen Ebene zeichnet sich ein erschreckendes Bild ab: Nur 26 Prozent der deutschen Befragten, die eine starke Meinung zu einem sozialen Thema haben, würden Menschen helfen, die in diesem Thema nicht ihrer Meinung sind, wenn sie Hilfe benötigen, nur 23 Prozent würden sie als Nachbarn akzeptieren und nur 26 Prozent hätten gerne abweichende Meinungen für Arbeitskollegen.

Die Wirtschaft muss für eine optimistische Zukunft weiter voranschreiten

Die Befragten gaben insbesondere der deutschen Wirtschaft den Auftrag, dies zu ändern. Eine deutliche Mehrheit der Menschen in Deutschland wünscht sich, dass die Wirtschaft mehr zur Lösung verschiedener gesellschaftlicher Probleme beiträgt. Die Befragten erwarten, dass CEOs öffentlich Stellung nehmen zum Umgang ihres Unternehmens mit Mitarbeitern (88 %), zum Klimawandel (80 %) und zum Wohlstandsgefälle (77 %). Darüber hinaus sollten Wirtschaft und Regierung partnerschaftlich zusammenarbeiten. Die Deutschen wollen es bei Themen wie: Energiemangel, Zugang zur Gesundheitsversorgung oder Klimawandel.

„CEOs müssen ihre Hausaufgaben machen, um den wirtschaftlichen Optimismus wiederzubeleben. Dazu gehört für die Befragten unter anderem, dass Unternehmen faire Löhne zahlen (79 %), Mitarbeiter umschulen (73 %) und einen fairen Anteil an Steuern zahlen (69 %). In polarisierten Gesellschaften muss die Wirtschaft eine Kraft für Moderation und Konsensbildung sein. Sie spielt eine wichtige Rolle im Informationsökosystem und muss eine zuverlässige Informationsquelle sein. Für Unternehmen bedeutet das, den zivilgesellschaftlichen Diskurs zu unterstützen und sich entschieden gegen falsche Informationsquellen einzusetzen“, sagt Christiane Schulz.

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Über das Edelman Trust Barometer 2023

Das Edelman Trust Barometer 2023 ist die 23. jährliche Umfrage zum Vertrauen und zur Glaubwürdigkeit von Unternehmen. Die Studie wurde vom Edelman Trust Institute erstellt und bestand aus 30-minütigen Online-Interviews, die zwischen dem 1. und 28. November 2022 durchgeführt wurden. Mehr als 32.000 Befragte aus 28 Ländern nahmen an der Online-Umfrage Edelman Trust Barometer 2023 teil. Der jedes Jahr im Januar veröffentlichte Bericht deckt eine Reihe aktueller und wichtiger gesellschaftlicher Vertrauensindikatoren in Unternehmen, Medien, Regierungen und NGOs ab, informiert die Debatte und legt die Agenda für das kommende Jahr fest. Sie können weitere Informationen finden hier auf der Edelman-Website.

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