
2022 war für viele Menschen ein Jahr, das sich spürbar auf den Geldbeutel ausgewirkt hat. Die Inflation lag laut Statistischem Bundesamt bei durchschnittlich 7,9 Prozent, und insbesondere die Energie- und Lebensmittelkosten stiegen durch den Ukraine-Krieg deutlich an. Und die Folgen der Corona-Pandemie waren und sind noch nicht überwunden. Das hat sich auch auf die Versicherungswirtschaft ausgewirkt – obwohl eigentlich niemand das Wort „Krise“ verwenden möchte.
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat am heutigen Donnerstag die vorläufigen Geschäftszahlen für 2022 vorgelegt. Und die Branche musste ein Minus verkraften. Die Beitragseinnahmen der deutschen Versicherer gingen über alle Sparten um 0,7 Prozent auf 224 Milliarden Euro zurück.
Lebensversicherung: Einmalprämien brechen förmlich ein
Die einzelnen Sparten entwickelten sich sehr unterschiedlich. Sehr gut lief es bei den Bruttobeiträgen in der Schaden- und Unfallversicherung, wo ein Plus von 4,0 Prozent auf 80,4 Milliarden erzielt werden konnte. Auch die private Krankenversicherung legte um 3,1 Prozent zu, sodass die Versicherer hier 46,8 Milliarden Euro einnahmen. Anders sahen die Zahlen in der Lebensversicherung aus: In diesem Segment ging die Prämie um 6,0 Prozent zurück. Mit 97,1 Milliarden Euro Beitragseinnahmen ist die Sparte Leben nach wie vor die Sparte mit den höchsten Einnahmen.
Besonders ausgeprägt war der Rückgang in der Lebensversicherung im Einmalerlagsgeschäft. „Die Geschäftsentwicklung der Lebensversicherer, Pensionskassen und Versorgungswerke war im vergangenen Jahr geprägt von der großen Differenz zwischen Verträgen mit Einmalbeitrag (-18 Prozent) und laufenden Beiträgen (+0,6 Prozent). Das Einmalerlagsgeschäft unterliegt in der Regel größeren Schwankungen. 2019 verzeichneten die Lebensversicherer hier ein Plus von 37 Prozent“, berichtet der GDV in einer Pressemitteilung.
Allerdings ist hinzuzufügen, dass einige große Anbieter wie die Allianz ihre Einmalerlagsangebote in den letzten zwei Jahren bewusst reduziert haben, weil sie hier weniger Gewinn und mehr Risiko sahen. Der Rückgang ist daher teilweise auf eine Neuausrichtung des Geschäftsbereichs zurückzuführen. Dies kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass das private Altersvorsorgegeschäft der Versicherer in der Krise steckt. Besonders deutlich wird dies beim Blick auf die staatlich geförderte Altersvorsorge: Das Riester-Neugeschäft brach 2022 um sagenhafte 60 Prozent ein. Ein Grund dafür ist, dass sich mehrere Lieferanten aus dem Geschäft zurückgezogen haben, berichtet der GDV.
Für die Entwicklung des Lebensversicherungsgeschäfts gab es laut GDV vor allem zwei Gründe: Zum einen führte die Normalisierung der Zinsen zu mehr Anlagealternativen für die Kunden. „Auf der anderen Seite führt der inflationsbedingte Anstieg der Lebenshaltungskosten dazu, dass viele Menschen weniger Geld in ihre Altersvorsorge investieren“, sagte GDV-Präsident Norbert Rollinger bei der Vorstellung der Zahlen.
Auf der anderen Seite gibt es einen Lichtblick in der betrieblichen Altersvorsorge, insbesondere in der Direktversicherung. Ihr Neugeschäft stieg laut GDV um 13 Prozent auf 650.000 gute Verträge. Unter dem Strich stiegen die Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung um 3,7 Prozent auf 20,3 Milliarden Euro.
Inflation bedeutet hohe Ausgaben
Die Schaden- und Unfallversicherung schrieb 2022 schwarze Zahlen. Die Einnahmen stiegen um 4 Prozent, während die Ausgaben um 5,6 Prozent auf 59,9 Milliarden Euro zurückgingen. Unter dem Strich stand ein versicherungsmathematischer Gewinn von fünf Prozent. Als Grund für die nur moderat geringeren Ausgaben im Vergleich zum Schadenrekord des Jahres 2021 nannte Rollinger die hohe Inflation von knapp acht Prozent, die sich in fast allen Sparten der Schaden- und Unfallversicherer etwa durch Steigen widerspiegele Kosten für Autoersatzteile oder höhere Preise für Baumaterialien.
Auch in der Lebensversicherung stiegen die Leistungsausgaben deutlich: um 3,8 Prozent auf 89,9 Milliarden Euro. In der privaten Krankenversicherung beliefen sich die gezahlten Versicherungsleistungen auf rund 33 Milliarden Euro (+3,8 Prozent). Weitere Informationen finden Sie auf der Website des GDV.